dieses mal Glück gehabt..

Ich sitze auf dem Hocker im Operationssaal und verfolge den Operationsablauf, er ist eigentlich unser letzter Patient für heute. Ein unspektakulärer Angriff, so dass es in lokaler Anästhesie gemacht wird. Ich kenne eigentlich die OpSchwester seit langem, bevor ich eingestellt wurde, habe ich mein letztes Praktikum hier gemacht und sie hat mir vieles erzählt und erklärt, sie redet gern von damals, vielleicht weil sie langjährigste OpSchwester in unserer Abteilung ist, wenn nicht im Krankenhaus. Noch dazu war sie bei meiner Operation auch dabei und instrumentiert, bei meiner Schilddrüse Op. „Danke für die Zusammenarbeit heute, es war angenehm mit dir“ hat sie mir gesagt, als wir vor dem Start alles vorbereiten wollten, das hört man nicht jeden Tag!
Letzte Woche habe ich von meinem geliebten Bruder Abschied nehmen müssen, er hat einen Motorradunfall gehabt und uns verlassen, SchädelHirnTrauma, möglicherweise Fahrerflucht. Ich bin immer noch neben mir, heute ist praktisch mein erster Arbeitstag nach dem ich ein paar Tage um ihn trauen durfte. Kollegen nehmen Rücksicht auf mich, drücken sie mir ihr Beileid aus und fragen sie mich nicht was und wie passiert ist "mein Beileid Alex, sag Bescheid falls du was brauchst" sagen viele, ehrlich gesagt ist mir auch lieber wenn ich mich nicht entschuldigen muss, dass ich darüber nicht reden kann, ich mag Fragerei im Normalfall nicht, jetzt noch besonders.
Gesten Abend hat mir meine Kusine erzählt wie der Zustand meines Bruders gewesen ist, auf der Unfallstelle nach dem man seinen Helm abgenommen hat, ich wollte es nicht hören, ich wollte es wissen, ich wollte es ändern können "..dann hatte er ein paar mal seine Hände gehoben bevor er in Koma ging" ich will es mir bildlich nicht vorstellen, stoppen kann ich es aber nicht, die ganze Zeit ist vor meiner Augen..
"Sie hat jetzt aber wirklich Bock, solche Geste mir zu zeigen" denke ich mir, als die OpSchwester anfängt sich auffällig zu verhalten, sie bewegt ihre Augen so lustig! Es dauert keine Sekunde, sie hebt und schüttelte krampfartig ihre Hände wehrend sie noch steril am OpTisch steht und Pinzette und Nadelhalter in der Hand hat. Der Laufband läuft immer noch in meinem Kopf "Dein Bruder hatte seine Hände ein paar mal gehoben, bevor in Koma ging" ich laufe los zu OpSchwester und stelle mich hinter ihr "geht es dir gut?" die Frage habe ich noch nicht fertig ausgesprochen, dass sie anfängt umzukippen und in meine Hände zu fallen, jetzt sind dann andere auch aufmerksam geworden "bring jetzt eine Anästhesist hier!" schreie ich und fange an ihren Mantel auszuziehen und sie in die Seitenlage zu bringen damit sie atmen kann "Sauerstoffmaske hier, schnell eine Venenzugang legen" sagt die Anästhesistin, mittlerweile sind noch ein paar zu Hilfe gekommen "du beruhigst den Patient jetzt, frischen Mantel und Handschuhe für Chirurgin, sie soll weiter machen" bitte ich meine Kollegin. Wir schaffen die OpSchwester aus dem Operationssaal, legen wir sie auf die Liege, und sie fährt mit ärztlicher Begleitung in CT "sie hat Glück gehabt, dass du es gemerkt hast, sonst wäre sie mit Hinterkopf auf den Boden gelandet" sagen Kollegen wehrend sie uns Bescheid sagen, dass es ihr jetzt besser geht. Und ich denke "Das ist nicht heldenhaft, jede an meiner Stelle hätte es gemacht.." und trotzdem bin ich froh nützlich gewesen zu sein, im richtigen Moment am richtigen Ort gewesen zu sein, am Unfallort hatte er kein Glück..